Draußenspiel - WARUM?

Nach der UN-Kinderrechtskonvention haben Kinder ein Recht auf Spiel. Es ist ihre Art, sich auszudrücken und zu lernen. Spiel ist mit Bewegung, körperlicher, geistiger und seelischer, verbunden. Draußenspiel bietet Kindern Freiräume, um einen realistischen Umgang mit der Natur und anderen Menschen zu fördern. Davon profitieren auch die Eltern und die Gesellschaft.

Viele Väter träumen zwar, mit ihren Kindern, wenn sie älter sind, mal einen tollen Angelausflug in der Wildnis oder ähnliches zu machen. Und schön ist es, wenn man mit Freunden an einem Sommertag im Freien sitzt, redet und grillt. Die Kinder spielen, sind fröhlich und meist verschwunden.

Aber in die moderne Gesellschaft gehört Draußenspiel nicht so richtig, so denken viele Menschen. Es hat sich so vieles verbessert: Die horrende Kindersterblichkeit ist überwunden, das partnerschaftliche Verhältnis von Eltern und Kindern setzt sich durch, Kinder werden nicht mehr durch Arbeit ausgebeutet. Dass sie draußen nicht mehr spielen können wie einst, ist eben eine Nebenwirkung der Moderne, die hinzunehmen ist. Und schließlich brauchen Kinder viel Zeit für ihre Bildung. Und wo sollten sie spielen? Draußen sind Autos, Hunde oder fremde Menschen.

Dennoch: Dass immer mehr Kinder an den Folgen von Bewegungsmangel und Übergewicht leiden, Eltern und Lehrer über Aufmerksamkeitsstörungen klagen, ist keineswegs nur eine Kleinigkeit. Denn nicht nur die eingeschränkte Lebensfreude der Kinder – und der Eltern – wiegt schwer. Die Spätfolgen von Bewegungsmangel wie erhöhte Gesundheitskosten oder verringerte Arbeitsfähigkeit kommen höchstwahrscheinlich die ganze Gesellschaft sehr teuer zu stehen.

Das evolutionär angelegte Muster „Spiel = Lernen durch selbstständige Aneignung“ wird stark eingeengt. Muss man dies als Nebenwirkung der modernen Lebensweise hinnehmen? Ist es möglich, die unerwünschten Nebeneffekte durch immer ausgefeiltere, teure und zeitaufwändige Einzelprogramme, ein Sportkurs hier, eine Kreativgruppe da, Schulpsychologinnen und Ergotherapeuten für jeden, zu reparieren?

Unsere Lebensweise hat sich verändert. Das ist sicher. Aber ebenso sicher ist auch, dass sie sich weiter verändern wird. Und wir können mitbestimmen, wie es weitergeht. Mehr Freiraum für Kinder lässt sich auch in der Industriegesellschaft verwirklichen.

Zum Weiterlesen

Christiane Richard-Elsner, Draußen spielen, Beltz Juventa 2017.

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